Die Kamera ist der Künstler

Du ziehst dir Santana rein und denkst du bist ein Genie; die Klänge tragen dich fort. Dabei ist es die Kamera, die deine Kunst schafft. Scheiß drauf, sie macht die Bilder. Sie zerlegt das Licht, nimmt es wahr, konvertiert es, interpretiert es, fügt es. Eigentlich kann ich beim Musik hören nicht schreiben. Es blockiert die Fantasie, sie nimmt mich in Besitz, blockiert die Straßen und Signale.

Nach einer geschäftlichen Besprechung hatte ich noch ein wenig Zeit, mich in Hamburg rumzutreiben. Es ist kalt, graue Tapeten im Himmel, feiner Tropfenstrahl in der Luft. Ich friere und werde mich erkälten. The Chase von Giorgio Moroder. Laufe runter zu den Landungsbrücken. Ein paar Touristenbooten liegen an den Piers. The Watcher Of The Skies von G. Die Olympus baumelt um meinen Hals, der Laptop schneidet mir in die Schultern. Möven jagen durch das Grau. Wenige Menschen. In dicke Mäntel und Schäle gehüllt. In 500 Meter Entfernung die Elphi, umhüllt von Neutralgrau, no colors at all, 3 pm, 3.5 degrees, cloudy, windy, rainy.

Die Kamera ist der Künstler und ein Stück Software. Und eine Vorstellung in meinem Kopf. Ich will die London Modern Vintage Reihe fortsetzen, die Technik verfeinern, erweitern, die Ketten im Kopf sprengen. Weiter gehen. Ins Wasser springen. Oh Mann, ich würde absaufen mit meinem schweren Kragenmantel und dem Laptop.

ISO auf 4.000. Rauscht in der Olympus so wie bei der Canon mit 100.000. Shine On You Crazy Diamond. Psychedelic noise. Das Rauschen der Sensoren ist sehr unterschiedlich. Die Canon rauscht in Streifen, die Olympus in Sprenkeln.

Nur 2 Shots von der Elphi. Material. Mal sehen, ob es was hergibt. Das Flugzeug stürzt nicht ab und ich komme wohl behalten um 22 Uhr in Stuttgart an. Verlust: Ein Knopf am Mantel und mein Mäppchen mit den Bleistiften.

Die Pixel und die Regler fügen sich von alleine, synchronisieren sich mit meinen Vorstellungen; es wird perfekt. Aber ohne die Kamera und die Software zum Entwickeln bin ich nichts. Die Reproduktion auf Papier ist ein schwieriges Unterfangen. Wie beneide ich Maler, die einzigartige Originale schaffen. Ich bin abhängig von Technik. Scheiß drauf, das waren Pink Floyd auch.

Das rohe Material am Bildschirm mit Hilfe von psychedelischen Farbfantasien und Monet/van Gogh im Kopf, ein paar Softwareregler hin- und hergeschoben. Oh Mann, das wäre zu einfach. Ich werde am Ende drei grundverschiedene Techniken, teils klassisch, teils total verrückt miteinander kombinieren. Denk ja nicht, dass das Keyboard oder die E-Gitarre von alleine spielt, nur weil sie an Strom angeschlossen ist.

Ein paar Harmonien im Kopf brauchst du schon.